Finanzwissen

Corona-Krise und sinkender Goldpreis?

Geschrieben von Nadine Friederichs | May 12, 2020 10:00:00 PM

Immer mehr Corona-Infizierte, immer mehr betroffene Länder, immer mehr Tote: Im März 2020 überschlugen sich die Krisennachrichten. Gleichzeitig fiel der Goldpreis innerhalb von zwei Wochen um über 10 Prozent. Gold als Krisenwährung: Alles nur ein Mythos? Ja und nein. Die Wahrheit ist: Gold eignet sich eher als Beimischung.

Viele Anleger trauten ihren Augen nicht. Während sich die Corona-Krise im März 2020 weltweit zuspitzte, fiel der Goldpreis wie ein Stein: Am 6. März hatte der Preis noch ein Siebenjahreshoch von 1.690 US-Dollar erreicht, am 19. März waren es dann plötzlich nur noch 1.468 US-Dollar: Ein Minus von 13 Prozent innerhalb von knapp zwei Wochen. Dabei gilt Gold als Fluchtwährung, als „sicherer Hafen“. Als Anlage, die nicht nur über Jahrzehnte, sondern Jahrhunderte Stabilität bietet und außerdem gegen Inflation schützt. Gold-Fans sind überzeugt: Wenn alles zusammenbricht, kann man sich für Gold immer noch etwas kaufen.

Wie bildet sich der Goldpreis?

Doch warum ist der Goldpreis in der Corona-Krise dann so stark gefallen? Der Goldpreis bestimmt sich, wie alle Preise, durch Angebot und Nachfrage. Das Angebot ergibt sich aus der Förderung von neuem Gold und dem Verkauf dessen, was bereits auf dem Markt ist. Auf der Nachfrageseite stehen Anleger, Zentralbanken, Schmuckkäufer und – zu einem geringen Anteil – auch die Industrie.

Abgesehen davon spielen auch das Zinsniveau und die Wechselkurse für den Goldpreis eine wichtige Rolle. Je niedriger die Zinsen, desto attraktiver ist das keine Zinsen abwerfende Gold. Außerdem entwickelt sich der Goldpreis meist gegenläufig zum US-Dollar. Gewinnt der Dollar also gegenüber anderen Währungen an Wert, sinkt der Goldpreis – und umgekehrt. Der Grund liegt darin, dass Gold in Dollar gehandelt wird. Ist der Dollar, etwa zum Euro, hoch bewertet, verteuert sich das Gold für Anleger aus der Eurozone. Ist der US-Dollar hingegen schwach, wird Gold für Anleger aus Nicht-Dollar-Ländern günstiger.

In Krisenzeiten gilt: „Cash is king“

Für den März 2020 können wir festhalten: Die Goldproduktion hat sich nicht wesentlich verändert. Die Zinsen verharrten weiter auf extrem niedrigem Niveau. Etwas bemerkbar gemacht hat sich der Wechselkurseffekt: Der US-Dollar hat sich in dieser Zeit nämlich verteuert, was Gold für Anleger aus Nicht-Dollar-Regionen unerschwinglicher machte.

Noch stärker dürfte sich aber folgender Effekt bemerkbar gemacht haben: Investoren benötigten in der Hochphase der Krise Liquidität und warfen alles auf den Markt, auch Gold und Staatsanleihen. In Krisenzeiten setzen Anleger nämlich lieber auf liquide Anlagen. Die großen Investoren müssen zudem oft Nachschussforderungen an anderen Märkten nachkommen und lösen dafür Goldbestände auf. Oder sie müssen zusätzliche Sicherheiten bei ihren Brokern hinterlegen, die so genannten Margin Calls.

Preisverfall bei Gold auch in der Finanzkrise

Dieser Effekt war im Übrigen auch während der Finanzkrise 2008/2009 zu beobachten. Der Goldpreis fiel von rund 1.000 US-Dollar Anfang 2008 im Jahresverlauf auf zeitweise unter 750 US-Dollar. Gegen Ende der Finanzkrise startete das Edelmetall jedoch eine rasante Erholungsrallye, die im Jahr 2011 mit einem neuen Allzeithoch bei 1.920 US-Dollar endete.

Und dann? Der Rallye folgte eine jahrelange Dürrephase. Wenn Sie 2011 zu 1.920 US-Dollar Gold gekauft haben, saßen Sie lange auf Verlusten – jedenfalls auf dem Papier. Der Goldpreis gab immer mehr nach und erreichte Ende 2015 mit rund 1.000 US-Dollar ein Mehrjahrestief. Noch immer sind die alten Hochs nicht wieder erreicht, jedenfalls in US-Dollar. Das zeigt: Der Goldpreis ist keineswegs so stabil, wie viele meinen, sondern schwankt durchaus heftig.

Gold: Portfoliobestandteil neben Aktien, Anleihen & Co.

Ob durch die Corona-Krise nun ein ebenso kräftiger Goldpreisanstieg zu erwarten ist wie nach der Finanzkrise, kann niemand sicher vorhersagen. Einige Vor-und Nachteile von Gold sind aber unstrittig, zum Beispiel:

Pro:

  • Gold hat – anders als etwa Papier- oder Buchgeld – einen realen Wert.
  • Gold kann – anders als Notenbankgeld – nicht beliebig vermehrt werden.
  • Der Goldpreis entwickelt sich (meist) vergleichsweise unabhängig von den Preisen anderer Anlagen wie Aktien, Anleihen oder Immobilien („niedrige Korrelation“).

Contra:

  • Gold wirft keine Zinsen oder Dividenden ab („Opportunitätskosten“).
  • Der Goldpreis schwankt stark.

Ob Gold dagegen in Krisenzeiten immer die beste Wahl ist und wirklich vor Inflation schützt, ist umstritten. In der Vergangenheit konnte Gold in schwachen Aktienmarktphasen oft Verluste abfedern. Im Gegenzug mussten Anleger in boomenden Aktienmärkten aber eine schlechtere Performance hinnehmen. Ausführlicher eingegangen auf die Vor- und Nachteile sind wir in unserem Beitrag „In Gold investieren: So klappt's“.

Was heißt das nun für Sie als Anleger? Viele Experten raten zu Gold als einen Portfoliobestandteil – neben klassischen Assets wie Aktien und Anleihen. Allerdings nur mit einem geringen Prozentsatz, etwa mit 5 Prozent bis 10 Prozent.

Wie in Gold investieren?

Auch für uns bei Whitebox gehört Gold grundsätzlich zu unserem Anlagespektrum. Wenn wir seine langfristigen Perspektiven für attraktiv halten, setzen wir – allerdings nur zu einem kleinen Anteil – auf Gold zur Diversifikation unserer Kundenportfolios, und zwar über ETCs („Exchange Traded Commodities“).  Bei Gold-ETCs handelt es sich um Schuldverschreibungen, die in der Regel mit Goldbarren als Sicherheit hinterlegt werden. Gold-ETCs bilden die Goldpreisentwicklung eins zu eins nach, werden an der Börse gehandelt und sind kostengünstig und flexibel.