Die positive Stimmungsänderung im Land lässt sich nicht leugnen. Kaum hat die Europameisterschaft in Deutschland begonnen, fährt die Nationalelf einen Sieg nach dem anderen ein. Von den politischen Diskussionen Anfang Juni kann man nur wenig spüren. Doch kann diese EM die wirtschaftliche Lage in Deutschland wirklich verbessern? Und geht diese EM als das Sommermärchen 2.0 in die Deutsche Geschichte ein?
Nach der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland gab es einen erheblichen wirtschaftlichen Aufschwung des Bruttoinlandsprodukts. Zitat des Statistischen Bundesamtes: “Bei kalenderbereinigter Betrachtung ergibt sich sogar eine Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts von 2,7%. Das ist die stärkste wirtschaftliche Belebung seit dem Boomjahr 2000.” Doch kann dieser wirtschaftliche Aufschwung wirklich auf die Weltmeisterschaft zurückgeführt werden?
Das Jahr 2006 markierte nicht nur das Jahr der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland, sondern auch ein Jahr des wirtschaftlichen Aufschwungs. Neben bedeutenden Beschlüssen wie Lohnzurückhaltung, Unternehmensumstrukturierungen und weltwirtschaftlicher Expansion, die zur Ankurbelung des Wachstums beigetragen, florierte die deutsche Wirtschaft zusätzlich durch einen zweistelligen Exportzuwachs von 12,4 Prozent. Der private Konsum verzeichnete, angetrieben durch die bevorstehende Mehrwertsteuererhöhung, erstmals seit Langem wieder ein Plus von 0,6 Prozent. Durch diese Faktoren lässt sich der Anstieg des BIPs begründen.
Auch wenn man die WM deshalb nicht als Indikator für das Wirtschaftswunder 2006 verantwortlich machen kann, ist die derzeitige Euphorie über die EM kaum zu übersehen. Kann die EM der Wirtschaft den Aufschwung verleihen, der bei der WM nur vermutet wurde?
Eher nein, denn ein Großteil der Einnahmen aus dem Turnier geht an die UEFA als Organisator. Die hohen Kosten für Public Viewing, Organisation und zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen sind oft nur schwer mit den Mehreinnahmen zu rechtfertigen. Obwohl einige Unternehmen kurzfristig von der Europameisterschaft profitieren, ist der Effekt der zusätzlichen Einnahmen nur vorübergehend und führt nicht zu einem Anstieg des deutschen Bruttoinlandsprodukts.
Deutschland benötigt derzeit mehr als nur einen finanziellen Impuls – es braucht Zusammenhalt. Ein Gefühl der Gemeinschaft, das uns nach dem Tief der Europawahlen auf den erwarteten Sommer einstimmt und uns die wirtschaftspolitischen Herausforderungen kurzzeitig vergessen lässt. Die EM kann also einen positiven Effekt haben, indem sie unsere Gesellschaft zusammenbringt und uns eine Auszeit von den derzeitigen politischen Herausforderungen gewährt.