Finanzwissen

Jahresendrally: Mythos oder Wahrheit?

Geschrieben von Whitebox-Redaktion | Sep 25, 2023 8:58:49 AM

Die Börsenwelt ist voll von Mythen und Legenden – eine der bekanntesten Börsenmythen ist die sogenannte „Jahresendrally". Mit diesem Begriff bezeichnet man das Phänomen, bei dem die Aktienkurse gegen Ende des Jahres ansteigen. Doch handelt es sich hierbei um Realität oder lediglich um einen Mythos?

Schon bei den Begrifflichkeiten wie auch dem berücksichtigten Zeitraum scheiden sich die Geister. Einige betrachten die letzten Wochen des Jahres, während andere die Woche vor Weihnachten bis Neujahr als sogenannte „Santa Claus Rally" bezeichnen. In letzterem Fall werden oft auch die ersten Wochen des neuen Jahres einbezogen, was dazu führt, dass es weniger eine „Jahresendrally" ist und eher als „Jahreswechselrally" betrachtet werden kann. Wer es noch strenger nimmt, berücksichtigt als „Jahresendrally” lediglich die letzten fünf Handelstage im Dezember sowie die ersten beiden Handelstage im Januar.

Wie auch immer man das Phänomen bezeichnen mag – auch über das tatsächliche Auftreten der Jahresendrally herrscht Zwiespalt. So berichtet die Frankfurter Allgemeine von Schwankungen des Deutschen Aktienindex (DAX) im Dezember der letzten Jahre und bezeichnet die Ableitung einer Rally als wagemutig. Doch es gibt auch Stimmen, die für das Auftreten einer Jahresendrally argumentieren. Laut Christian Henke, IG-Analyst, konnte der DAX in der Vergangenheit im Zuge der Weihnachtsrally in circa 71 Prozent der Fälle um durchschnittlich 2,5 Prozent zulegen.

Während die Signifikanz dieses Effekts beim DAX also keinesfalls eindeutig ist, kann eine Jahresendrally mit Blick auf die USA tatsächlich statistisch belegt werden. Der stärkste Anstieg der Rendite zeigt sich dabei am letzten Handelstag im Dezember. Interessanterweise ist dieser Effekt tatsächlich über einen langen Zeitraum von 1926 bis 2014 nachweisbar und zeigt sich besonders bei Small-Cap-Werten. Noch stärker wird der Effekt, wenn auch die ersten Handelstage im Januar miteinbezogen werden.

Die Frage, ob es sich bei der Jahresendrally um einen Mythos oder um Realität handelt, kann daher nicht eindeutig beantwortet werden. Dennoch sind sich Experten einig, dass die festliche Stimmung zum Jahresende zumindest einen gewissen Optimismus auf den Märkten auslöst. Häufig führen Jahresend-Boni sowie geschenktes Weihnachtsgeld zu verstärkten Investitionen in den Markt. Gleichzeitig befinden sich in der Zeit zwischen den Jahren institutionelle Investoren meist im Urlaub, was den Einfluss der privaten Anleger erhöht, die tendenziell optimistischer eingestellt sind. Darüber hinaus können auch steuerliche Überlegungen eine Rolle für die Nachfrage nach Wertpapieren zum Jahresende spielen.

Ob man dem Phänomen der Jahresendrally Glauben schenken möchte oder nicht – darauf verlassen sollte man sich nicht. Märkte werden immer auch von Nachrichten, globalen wirtschaftlichen Entwicklungen und individuellen Unternehmensereignissen beeinflusst, was die Wirkung einer möglichen Jahresendrally aufheben oder verstärken kann. Ein diversifiziertes Portfolio mit einer gut durchdachten Anlagestrategie ist deshalb eine wichtige Basis – und Geduld und Disziplin die Schlüssel zu langfristigem Erfolg an den Finanzmärkten.

Externe Quellen:
faz.net
tagesschau.de
Managerial Finance