Wenn es um die Frage geht, ob eine Aktie teuer oder billig ist, blicken viele Anleger auf das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Die Kennziffer hat Stärken, aber auch einige Schwächen. Letztlich kann das KGV – oder besser noch das sogenannte Shiller-KGV – im Zusammenspiel mit anderen Kennziffern und Zahlen aber wichtige Hinweise über eine Aktie liefern.
Das Kurs-Gewinn-Verhältnis, kurz KGV (engl. „price/earnings ratio PER“ oder „P/E ratio“), ist eine wichtige Kennzahl zur Beurteilung einer Aktie. Aus dem KGV lassen sich Schlüsse ziehen, ob eine Aktie günstig, angemessen oder hoch bewertet ist. Für das KGV wird der Kurs einer Aktie durch den Gewinn je Aktie geteilt. Je höher der Kurs und je geringer der Gewinn, desto höher das KGV und desto höher bewertet die Aktie.
In der Regel liegt dem KGV der geschätzte Gewinn des laufenden oder des nächsten Jahres zugrunde, und zwar der Durchschnitt der Analystenschätzungen („Konsensschätzungen“).
Das KGV besagt letztlich, wie oft der Gewinn eines Unternehmens im aktuellen Kurs der Aktie dieses Unternehmens enthalten ist, anders ausgedrückt: Wie viele Jahre dauert es, bis ein Unternehmen den Wert seiner Aktien als Gewinn erwirtschaftet hat?
Vergleichbar ist das mit einer Wohnung, die Sie kaufen und dann vermieten wollen: Dann würden Sie voraussichtlich ebenfalls den möglichen Kaufpreis ins Verhältnis setzen zu den voraussichtlichen Mieteinnahmen.
Eine fixe Zahl gibt es nicht. In jedem Fall ist das KGV abhängig vom betrachteten Jahr, der Marktphase, der Branche und dem Land, in dem das Unternehmen wirtschaftet.
So wird zum Beispiel bei Unternehmen in Wachstumsbranchen, etwa der Technologiebranche, oft ein hohes KGV akzeptiert. Begründet wird das mit außergewöhnlichen Wachstumsaussichten und vorübergehend noch niedrigen Gewinnen.
Aktien mit einem niedrigen KGV sind auch nicht immer günstig. Vielleicht ist der Kurs schon gefallen, weil an der Börse „die Zukunft gehandelt“ wird, die Analystenschätzungen aber noch nicht nach unten angepasst wurde. Gerade in Crash-Phasen wie zum Beispiel durch die Corona-Pandemie fallen die Aktienkurse oft schneller als die prognostizierten Gewinne, so dass die KGV kurzfristig sehr niedrig sein können.
Auch bei zyklischen Aktien ist das KGV mit Vorsicht zu genießen: Im Boom sind die Gewinne hoch, die Aktie wirkt günstig, durch die Fortschreibung der Gewinne wirkt sie mit fallendem Markt noch günstiger. Anleger könnten zu einem Zeitpunkt einsteigen, in dem der Abwärtstrend gerade erst eingesetzt hat.
Ein wesentlicher Kritikpunkt am KGV als Maßzahl ist, dass es eine Momentaufnahme abbildet. Daher hat der US-Nobelpreisträger Robert J. Shiller das sogenannte „Cyclically Adjusted Price to Earnings Ratio“ (CAPE) entwickelt, besser bekannt als Shiller-KGV.
Grundsätzlich hielt Shiller das KGV zwar für ein hervorragendes Maß zur Bestimmung, ob ein Kurs hoch oder niedrig ist. Er hielt es aber für verlässlicher, wenn man langfristige Gewinnzahlen verwendet. Für das Shiller-KGV wird daher der durchschnittliche Gewinn von zehn Jahren angesetzt, der darüber hinaus noch inflationsbereinigt wird.
Ja, KGV werden nicht nur für einzelne Aktien errechnet, sondern auch für Indizes. Das KGV des DAX wird zum Beispiel ermittelt durch das Verhältnis des DAX-Wertes zu den addierten Gewinnen je Aktie der 30 DAX-Unternehmen. Auch für Branchenindizes können KGV ermittelt werden.
Pro:
Contra:
Im Ergebnis sollten Sie als Anleger das KGV nicht isoliert betrachten. Es kann Ihnen zwar einen ersten Hinweis darauf geben, ob eine Aktie teuer oder billig ist – vor allem im Vergleich zu anderen Aktien aus der Branche oder im historischen Vergleich. Allerdings müssen Sie Besonderheiten immer berücksichtigen. Zur Beurteilung einer Aktie sollten Sie das KGV daher nur als eine Kennziffer unter vielen heranziehen – im Wissen um dessen Grenzen.
Zu den weiteren wichtigen Kennzahlen gehört etwa das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) oder die Dividendenrendite. Bei den heute oft angewendeten Discounted-Cashflow-Modellen (DCF) wird der faire Wert einer Aktie über die Summe der erwarteten künftigen Cashflows berechnet.
Als digitale Vermögensverwaltung verfolgen wir bei Whitebox einen aktiven Value-Ansatz. Value Investing bedeutet, dass wir nach Investments suchen, deren Marktpreis aus unserer Sicht unter ihrem fairen Wert liegen. Da eine Kombination unterschiedlicher Bewertungsmodelle oft bessere Berechnungen zur Folge hat, nutzen wir verschiedene Modelle, um den Wert einer Assetklasse zu schätzen. Das Shiller-KGV fließt dabei, neben anderen Kennziffern, in die Ermittlung des fairen Werts einer Aktie ein.