Rally kein Selbstläufer
Kevin Siemon
So schnell kann sich der Wind drehen: Nach dem Flop-Jahr 2022 sah 2023 auf den ersten Blick nach einem Top-Jahr aus – zumindest bislang. Aber geht es auch so weiter? Nicht unbedingt. Entscheidend ist nämlich etwas anderes. Dazu lesen Sie einen aktuellen Marktkommentar von unserem Chief Sales Officer, Kevin Siemon.
Dieses Jahr können sich Anlegende wirklich nicht beschweren: Während es 2022 für (fast) alle Assetklassen nach unten ging, zeigt die Richtung 2023 bis jetzt für ebenfalls fast alles nach oben. Der DAX ist um 15 Prozent gestiegen, der S&P 500 immerhin um knapp 10 Prozent, der US-Technologieindex NASDAQ 100 sogar um 28 Prozent.
Auch die Anleihenmärkte haben sich solide entwickelt und der Goldpreis liegt nahe dem Rekordhoch (Stand 23.05.2023). Selbst die Bankenturbulenzen vom Frühjahr mit der Pleite einiger US-Regionalbanken genauso wie die Zwangsübernahme der altehrwürdigen Credit Suisse haben keine größeren Wellen schlagen können.
Haupttreiber der Rally: die Erwartung, dass die Leitzinserhöhungen der Notenbanken bald abgeschlossen sind. Die Inflation befindet sich auf dem Rückmarsch. Und die Wirtschaft zeigte sich bis Mai halbwegs stabil. Drei Trends an den Märkten sind mir in diesem Jahr aufgefallen:
- Exakt gegenläufig zu 2022 haben sich nun genau jene Anlagen gut entwickelt, die von niedrigeren/fallenden Zinsen profitieren: Blue Chips (mit Ausnahme der Banken), oft Wachstumstitel
- Außerdem gab es einen Trend hin zu Quality-Aktien, also Aktien guter Qualität.
- Bei den Branchen zeigen sich Immobilien als Verlierer. Zudem steht der Bankensektor unter Druck.
Keine dramatischen Alarmsignale, keine Megachancen
Sie fragen sich sicher: Kann das so weitergehen? Und was bewegt die Märkte im Moment? Ganz aktuell: die Schocknachricht, dass Deutschland doch in eine Rezession rutscht. Die Wirtschaft ist zwei Quartale in Folge geschrumpft. So das Ergebnis der Datenauswertung des Statistischen Bundesamts. Den deutschen Verbraucherinnen und Verbrauchern ist die Kauflaune vergangen. Bleibt die Frage: Wird es im restlichen Europa und den USA auch zu einer Rezession kommen?
Ein weiteres großes Thema derzeit: die Geldpolitik. Gibt es noch Zinserhöhungen und wenn ja, wie viele? Und wann kommen die ersten Zinssenkungen? Außerdem im Fokus: die Banken und die Frage, ob die Krise ganz ausgestanden ist oder doch noch nicht. Zu guter Letzt: Die geopolitischen Krisen schwelen weiter – der Ukraine-Krieg etwa sowie die US-chinesischen Spannungen.
Die Bewertungen sind unserer Einschätzung nach insgesamt noch vernünftig. Die erwähnten Risiken bleiben allerdings. Für uns als Value-Investoren, die nach unterbewerteten Assets suchen, präsentieren sich die weiteren Chancen derzeit gemischt. Oder anders formuliert: Alarm ist fehl am Platz, Megachancen lassen aber auf sich warten.
Robustes Portfolio, egal was kommt
Konkret halten wir im Aktienbereich Schwellenländertitel – speziell chinesische – weiter für attraktiv. Ansonsten sticht regional für uns unverändert Deutschland positiv heraus. Angemessen bewertet sind Aktien aus den USA, Japan und Europa als Ganzes. Was Branchen betrifft, sehen wir den globalen Energiesektor nach der Rally 2022 als überbewertet an.
Richtig gute Möglichkeiten (mit die besten!) könnten sich im Bankensektor auftun, der immer noch gemieden wird. Hier ist aber besondere Vorsicht geboten – und ein dicker Sicherheitspuffer. Im Anleihenbereich sind für uns effektiv nur noch Schwellenländeranleihen in Lokalwährungen attraktiv bewertet. Unserer Meinung nach zu teuer: europäische und britische Staatsanleihen, US-amerikanische Staatsanleihen etwas weniger.
Seien Sie jedenfalls gewiss: Wir beobachten das Umfeld weiter genau und tun alles dafür, um die Ertragschancen Ihres ETF-Portfolios zu optimieren und die Risiken zu reduzieren. Denn Sie wissen ja: Wir nutzen einen langfristigen Ansatz mit Fokus auf Bewertung und Diversifikation, aufbauend auf detailliertem Research. Oberstes Ziel sind immer robuste Portfolios – so robust, dass sie sich auch bei noch höheren Zinsen, einer veritablen Bankenkrise oder einer heftigeren Rezession bewähren können.
Wie immer gilt: Wenn Sie Fragen haben, sprechen Sie mein Serviceteam und mich gerne an. Wir unterstützen Sie kompetent bei der Umsetzung Ihrer Anlageziele und -pläne.
Viele Grüße aus Freiburg
Ihr Kevin Siemon
Chief Sales Officer, Whitebox