Studie: Aktienboom geht an traditionellen Banken und Sparkassen vorbei
Whitebox-Redaktion
Deutschland erlebt einen wahren Aktienboom. Die Zahl der neuen Wertpapierdepots steigt so stark wie seit der Jahrtausendwende nicht mehr. Doch an den traditionellen Banken und Sparkassen geht dieser Aufschwung nahezu vollständig vorbei: 77 Prozent der neuen Depots werden bei digitalen Anbietern eröffnet. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des digitalen Vermögensverwalters Whitebox.
Die Covid19-Pandemie hat die Investitionen in Wertpapiere auf ein neues Rekordhoch getrieben. 2020 haben Privatanleger 39,4 Milliarden Euro in Aktien sowie weitere 41,6 Milliarden Euro in Fonds (inkl. ETFs) investiert. Das ist der höchste Wert seit 2001. In diesem Jahr dürfte diese Marke erneut durchbrochen werden: Allein im ersten Halbjahr 2021 investierten private Anleger 57,4 Milliarden Euro in Aktien und Fonds. Insgesamt haben die Deutschen zum Ende des ersten Halbjahres damit 496 Milliarden Euro in Aktien investiert, 841 Milliarden Euro stecken in Fonds und ETFs.
Mit dem Volumen wächst auch die Anzahl der Aktionäre: Zwischen 2020 und 2021 stieg die Zahl der neuen Depots so stark wie seit dem Aktienboom um die Jahrtausendwende nicht mehr. Im ersten Halbjahr 2021 wurden 1,4 Millionen neue Depots eröffnet. Das sind fast so viel wie im gesamten Jahr 2020 (1,7 Millionen), dem Jahr mit dem bislang höchsten Wachstum seit 2001. Insgesamt gab es in Deutschland zum Ende des ersten Halbjahres 26,6 Millionen Depots.
Interesse an Aktien nimmt während Pandemie sprunghaft zu
Als Treiber für das steigende Interesse der Deutschen an Aktien erweist sich ausgerechnet die Covid-19-Pandemie, wie eine Auswertung des Google-Suchvolumens nach dem Begriff „Aktien“ zeigt. „Parallel zu den in Deutschland verhängten Lockdowns hat das Interesse der Deutschen an Aktien jeweils deutlich zugenommen“, sagt Salome Preiswerk, CEO von Whitebox.
Dass dies keine einmalige Entwicklung ist, zeigt die langfristige Betrachtung: Nachdem die Zahl der Depots in Deutschland seit dem Zusammenbruch des Neuen Marktes stetig zurückgegangen ist, steigt sie seit 2016 kontinuierlich an. Mit einem Plus von 9,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr erreichte das Wachstum an Neu-Depots im Juni 2021 einen vorläufigen Höhepunkt.
„Das anhaltende Wachstum bei den Neudepots zeigt: Von einem Ende des Aktienbooms kann keine Rede sein. Insgesamt deutet viel darauf hin, dass sich die Aktienkultur in Deutschland auch über die Covid19-Pandemie hinaus nachhaltig positiv entwickelt. Das wäre ein gutes Signal für die Vermögensbildung und damit die Altersvorsorge in Deutschland“, sagt Preiswerk.
Acht von zehn neuen Depots werden bei digitalen Anbietern eröffnet
Die klassischen Banken und Sparkassen profitieren allerdings kaum von dem gestiegenen Interesse der Deutschen an Aktien. Zwar verwahren die traditionellen Institute hierzulande knapp zwei Drittel der Depotbestände (65 Prozent). 77 Prozent der neuen Depots werden allerdings bei digitalen Anbietern wie Neobanken und Robo-Advisorn eröffnet.
„Die Zukunft der Geldanlage ist digital“, sagt Preiswerk. Für die Finanzexpertin, die zugleich Mitglied im Fintech-Rat des Bundesfinanzministeriums ist, haben die klassischen Kreditinstitute den digitalen Wandel zu spät erkannt: „Kunden wünschen sich einen einfachen, bequemen und kostengünstigen Zugang zur Geldanlage. Viele Banken und Sparkassen haben diese Entwicklung jedoch verschlafen und das Feld damit den Fintechs überlassen.“
Über die Studie
Für die Studie hat das Beratungsunternehmen Barkow Consulting im Auftrag von Whitebox den aktuellen Stand der digitalen Geldanlage in Deutschland untersucht. Dafür haben sie unter anderem Daten der Deutschen Bundesbank, der Europäischen Zentralbank, des Statistischen Bundesamtes sowie Angaben der untersuchten Kreditinstitute und Onlinebroker berücksichtigt und miteinander in Verbindung gebracht. Als digitale Anbieter werden alle Kreditinstitute bezeichnet, deren Geschäftsmodell überwiegend digital ausgerichtet ist. Dazu gehören Neobanken, Direktbanken und Robo-Advisor. Banken und Sparkassen im klassischen Sinne sind Institute, die zumindest teilweise auch ein Filialgeschäft vorhalten. Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf private Investoren, institutionelle Investoren wurden nicht berücksichtigt. Stichtag der Untersuchung ist Oktober 2021.
Den kompletten Berichtsband zur Studie können Sie unter diesem Link abrufen.