Die Zukunft der Geldanlage: Mensch versus Maschine
Künstliche Intelligenz (KI) ist schon längst in unserem Alltag angekommen. Doch welchen Einfluss hat die zunehmende KI-Nutzung auf das Finanzwesen? Und welche Chancen und Risiken ergeben sich dadurch? Wir geben Antworten auf diese Fragen und klären, ob der Mensch noch mit der Maschine mithalten kann.
Was ist Künstliche Intelligenz?
Laut Definition des Europäischen Parlaments handelt es sich bei Künstlicher Intelligenz (engl.: Artificial Intelligence) um „die Fähigkeit einer Maschine, menschliche Fähigkeiten wie logisches Denken, Lernen, Planen und Kreativität zu imitieren“. Sprich: Künstliche Intelligenz zielt darauf ab, menschliches Handeln nachzuahmen.
KI kann dabei in zwei Punkten unterschieden werden:
- Training
Beim Training werden der KI Daten zugeführt, um sie für bestimmte Aufgaben vorzubereiten oder Muster in den Daten zu erkennen. Dies beinhaltet das Anpassen der Parameter und Gewichte der Algorithmen basierend auf den Eingabedaten. Das Training kann überwacht oder unüberwacht erfolgen und erfordert oft große Mengen an Daten sowie leistungsfähige Rechenressourcen.
- Einsatz
Nach dem Training wird die KI für verschiedene Aufgaben eingesetzt, je nach den Anforderungen und Zielen des Systems. Die Analyse von Daten, die Erkennung von Mustern, die Vorhersage von Trends oder die Interaktion mit Benutzern sind einige Beispiele.
Einfluss von KI auf den Alltag
Nicht alles, was automatisiert abläuft, kann als KI klassifiziert werden, denn Automatisierung kann auch auf simpleren Regeln oder festgelegten Abläufen beruhen. Dennoch ist KI bereits heute ein fester Bestandteil unseres Alltags – von der Websuche über autonome Autos bis hin zu intelligenten Häusern, Städten und Infrastrukturen. Auch in den zentralen Wirtschaftsbereichen ist KI schon längst angekommen. Langfristig soll KI zur Steigerung der Arbeitsproduktivität und höheren Reallöhnen beitragen. Gleichzeitig zielt die Nutzung von Künstlicher Intelligenz auf die Reduzierung monotoner und potenziell gefährlicher Arbeiten für den Menschen ab. Auf diese Weise schafft KI neue Berufsfelder und es entstehen neue Anforderungen an Qualifikationen. Aktuell wird KI hauptsächlich in der Informationstechnik (IT) und Produktion eingesetzt, in der Zukunft soll sie aber vermehrt auch im Kundenservice, im Personalwesen und in anderen Bereichen Anwendung finden.
KI im Finanzwesen
Auch bietet Künstliche Intelligenz enormes Potenzial für das Finanzwesen. Im Bereich des Asset Managements ermöglicht KI fortschrittliches Reporting sowie eine effiziente Dokumentenverwaltung, basierend auf umfangreichen Datensätzen. Dank ihrer Fähigkeit, auf verschiedene Datenquellen zuzugreifen und diese schnell auszuwerten, ermöglicht KI fundierte Anlageentscheidungen und die Optimierung von Renditen. Im Kreditwesen unterstützt KI die Kreditrisikobewertung und das Kreditscoring durch die Analyse von Kreditnehmern und die Identifizierung potenzieller Risiken in Echtzeit. Für das automatisierte Trading bietet KI die Möglichkeit, komplexe Algorithmen zu entwickeln, die auf schnelle Marktbewegungen reagieren können, um Gewinne zu maximieren und Verluste zu minimieren. Dabei werden auch Kontrollfunktionen implementiert, um die Integrität des Handels zu gewährleisten. Im Bereich der Blockchain-basierten Finanzen hat KI Anwendungen in der IT, bei der Betrugserkennung sowie bei der Erstellung individuell zugeschnittener Produkte.
Chancen durch KI
Die Nutzung von Künstlicher Intelligenz bietet eine Vielzahl von Chancen. So werden durch den Einsatz von KI Kosten, wie beispielsweise Personalkosten und operative Ausgaben, reduziert, da viele Prozesse automatisiert werden können. Auch trägt KI dazu bei, die Produktivität zu steigern, indem repetitive Aufgaben übernommen werden und menschliche Arbeitskräfte sich dadurch auf anspruchsvollere Aufgaben konzentrieren können.
Durch die Automatisierung von Prozessen können operative Workflows effizienter gestaltet werden, was gleichzeitig zur Verbesserung der Genauigkeit und Fehlerfreiheit beiträgt. Des Weiteren kann KI das Kundenerlebnis aufwerten, da personalisierte Dienstleistungen und Empfehlungen basierend auf individuellen Bedürfnissen bereitgestellt werden können.
Die schnelle und präzise Analyse großer Datenmengen durch KI ermöglicht es, Risiken frühzeitig zu erkennen und eine effektive Risikosteuerung zu gewährleisten. Zudem können KI-basierte Analysen und Modelle Anlageentscheidungen unterstützen, indem sie fundierte Empfehlungen für die Portfolioallokation aussprechen. Und: Die Automatisierung von Prozessen trägt dazu bei, menschliche Fehler zu minimieren. Dadurch erhöht sich die Zuverlässigkeit von Finanztransaktionen sowie -analysen.
Risiken durch KI
Während die Nutzung von Künstlicher Intelligenz enorme Potenziale bietet, sind jedoch auch einige Risiken und Herausforderungen damit verbunden. Zunächst ist die Qualität der Daten entscheidend für die Leistungsfähigkeit der KI. Denn ein KI-Modell ist nur so gut wie die eingegebenen Daten. Mangelhafte Daten können zu Fehlern führen und schlussendlich das Vertrauen in die Ergebnisse untergraben. Herdeneffekte stellen ein weiteres Risiko dar. Dabei handelt es sich um ein Anlegerverhalten, bei dem Anleger kollektiv in die gleiche Richtung agieren und Panikreaktionen auslösen können, die zu Kurseinbrüchen führen. Wenn also viele Anleger dieselbe KI zum Investieren nutzen, besteht die Gefahr, dass die KI für alle oder viele Kunden identische Entscheidungen trifft. Dies kann dann zu massenhaft identischen Orderbewegungen und Preisreaktionen führen. Außerdem erschwert die Autonomie von KI-Modellen eine umfassende Kontrolle und Nachvollziehbarkeit, was die Prognose von Marktentwicklungen beeinträchtigt und Manipulationen begünstigt. Fragen des Datenschutzes und der Cybersicherheit sind ebenfalls von großer Bedeutung, denn KI-gesteuerte Angriffe auf Finanzmärkte oder Kundendaten können erhebliche Schäden verursachen. Zudem besteht die Gefahr, dass sich lediglich einige wenige KI-Anbieter durchsetzen werden und dadurch eine monopolartige Situation entsteht, deren langfristige Auswirkungen noch nicht konkret absehbar sind.
KI in der Praxis
Insgesamt steht die Finanzbranche vor der Herausforderung, die Potenziale von KI zu nutzen, ohne dabei die damit verbundenen Risiken aus den Augen zu verlieren. Angesichts der noch jungen Entwicklung auf diesem Gebiet ist eine umsichtige Herangehensweise unerlässlich. KI-Konzepte, die im Anlagegeschäft nutzbar sind, sind oft entweder proprietär oder experimentelle Projekte, die noch nicht reif für Endanwender sind. Bestehende Anlagekonzepte, die nach eigenen Angaben KI einsetzen, sind rar. Und: Zur Messung von Anlageerfolg sind kurze Zeiträume nicht geeignet, ein sinnvoller Vergleich ist somit schlicht nicht möglich. Darüber hinaus beschäftigen sich die meisten Tools auf dem Markt mit der Sammlung und Aufbereitung von Daten und nicht mit dem Trading an sich. Wichtig ist auch zu wissen, dass die derzeitigen Anbieter nicht für Anfänger geeignet sind und deren Nutzung kostenpflichtig ist.
Was ist mit ChatGPT? Hierbei handelt es sich um ein Large Language Model (LLM), das primär für die Analyse und den Einsatz von Sprache und Text entwickelt wurde und nicht für die Geldanlage konzipiert ist. LLMs werden mit Milliarden verschiedener Datensätze trainiert und greifen für Antworten auf diese Daten zu. Neue Erkenntnisse oder kreatives Denken gibt es dabei nicht: Es wird wiederholt, neu zusammengesetzt und strukturiert. ChatGPT ist daher ein nützliches Tool, um sich einen Überblick zu verschaffen und Informationen zu sammeln – mehr jedoch nicht. Bei der Verwendung sollten die Ergebnisse stets überprüft werden, wobei zu beachten ist, dass die Daten möglicherweise nicht auf dem aktuellen Stand sind.
Eine aktuelle Studie der TU Dresden zeigt genau das. ChatGPT ist zwar tatsächlich in der Lage, Portfoliovorschläge zu liefern, die zu den meisten Anlegern und deren Risikoneigung, Alter und Anlagehorizont passen können. Dabei waren die Portfolios auch ähnlich aufgestellt wie die eines etablierten US-Vermögensverwalters, der als Vergleichsmaßstab genutzt wurde. Auch die Rendite war dabei vergleichbar. ChatGPT liefert also Empfehlungen basierend auf vorhandenem Wissen. Anleger erhalten Informationen, wie man ein Portfolio zusammenstellen könnte, das in der Vergangenheit gut abgeschnitten hätte, vorausgesetzt man kennt sich gut genug aus, um die KI zu bedienen und um die Vorschläge zu prüfen, einzuordnen und umsetzen zu können.
Kann der Mensch mit der Maschine mithalten?
Die Antwort lautet: Ja, denn KI…
… hat keinen gesunden Menschenverstand.
… hat kein Einfühlungsvermögen.
… versteht Ursache und Wirkung nicht.
… kann nicht ethisch denken.
Daher sollte es das Ziel sein, menschliche Fähigkeiten durch KI zu ergänzen und nicht zu ersetzen. Nur durch die Kombination beider können die Vorteile der Technologie genutzt werden, menschliche Stärken beibehalten und gleichzeitig menschliche Fehler reduziert werden. Es ist jedoch zu beachten, dass viele Anwendungsmöglichkeiten von KI im Finanzbereich eher auf professionelle Investoren als auf Privatanleger ausgerichtet sind.
Whitebox: Mensch und Maschine
Künstliche Intelligenz allein ist kein Ersatz für ein professionelles Portfoliomanagement. Deshalb setzen wir bei Whitebox weiterhin auf Menschen, die die Richtung vorgeben. Unsere Entscheidungen bleiben sachlich, rational und datengetrieben, während wir gleichzeitig verschiedene Formen der Automatisierung nutzen. Beispielsweise übernehmen Algorithmen bereits unser abweichungsbasiertes Rebalancing vollständig. In Zukunft werden wir verstärkt auf einen sinnvollen Einsatz von KI setzen, insbesondere bei internen Prozessen. Aber: Immer unter Aufsicht und Kontrolle von speziell geschultem Personal. Das letzte Wort behält bei Whitebox also immer noch der Mensch.
Externe Quellen: