Niedrige Zinsen sind kein neues Phänomen. Bereits seit den 1990er Jahren ist ein Trend zu rückläufigen nominalen und realen Zinsen zu beobachten. Zinsen auf Spareinlagen sind in der Folge immer weiter gesunken und verharrten seit 2008 auf einem niedrigen Niveau. Jetzt gibt es neue Entwicklungen.
Zinsentwicklung 2022: Wie entwickeln sich die Zinsen 2022?
Am 14. September 2022 sind die Zinsen nach einem Entscheid vom Rat der Europäischen Zentralbank (kurz EZB) um 0,75 Prozentpunkte gestiegen. Im Juli dieses Jahres war es erstmals seit 2011 zu einer Steigerung um 0,5 Prozentpunkte gekommen.
Im Mai 2022 hatte die US-Zentralbank Fed die Zinsen bereits um 0,5 Prozentpunkte angehoben. Drei weitere Erhöhungen waren im Juni, Juli und September 2022 gefolgt. Bei diesen Schritten wurde der Leitzins jeweils um 0,75 Prozentpunkte erhöht. Die Entscheidung der EZB hat die Differenz zwischen den Leitzinsen der USA und des Euroraums zwar verringert, dennoch hat der Euro gegenüber dem Dollar stark an Wert verloren.
Als Sparerin oder Sparer können Sie sich über mehr Zinsen freuen. Gleichermaßen nimmt die Inflationsrate zu. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamts liegt sie für Deutschland im September 2022 voraussichtlich bei 10 Prozent. Die steigenden Zinsen helfen Ihnen aber zumindest dabei, den Kaufkraftverlust etwas abzumildern.
Zinsentwicklung 1990 bis heute
In den Industrieländern kann man seit den 1990er Jahren längerfristige Abwärtstrends bei der Inflation und den nominalen Zinssätzen beobachten. Der erste Rückgang der nominalen Zinssätze wurde durch einen Rückgang der Inflationsraten als Folge der Hochinflationsperiode der 1970er Jahre ausgelöst. Laut einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) stiegen die Realzinsen in den späten 1970er und 1980er Jahren während einer Periode rückläufiger Inflationsraten bis auf 6 Prozent.
Der zweite Rückgang der nominalen Zinssätze war ab 1990 auf sinkende Realzinsen bei stabiler Inflation zurückzuführen, betonen die IW-Ökonomen. Trotz des Anstiegs im Vorfeld der deutschen Wiedervereinigung 1990 und im Sog der Turbulenzen an den internationalen Anleihenmärkten 1994 seien die Kapitalmarktzinsen im Verlauf der 1990er Jahre insgesamt betrachtet eher niedrig gewesen.
Das liegt daran, dass die deutsche Geldpolitik frühzeitig aufkeimenden Inflationsgefahren begegnet war und damit Vertrauensverluste vermeiden konnte. In diesem Zeitraum sanken die langfristigen Realzinsen von 8 Prozent im Jahr 1992 auf 2 Prozent im Jahr 2016, während die kurzfristigen Realzinsen negativ wurden.
Der trendmäßige Rückgang der nominalen Kapitalmarktzinsen war in der ersten Hälfte der 1990er Jahre insbesondere durch die verbesserten Stabilitätsperspektiven untermauert und insofern von den Wirtschaftsakteuren kalkulierbar. Infolgedessen verlangsamte sich der Preisanstieg 1995 kontinuierlich auf nur noch 1,7 Prozent. In den ersten zehn Monaten 1996 betrug er (auf ein Jahr hochgerechnet) 1,5 Prozent. Gleichzeitig habe die wirtschaftliche Dynamik nach dem Auslaufen des „Vereinigungsbooms“ spürbar nachgelassen.
Der starke Rückgang der Zinsen beschleunigte sich weiter durch die globale Finanzkrise im Jahr 2008: Mehrere Zentralbanken senkten die Zinssätze auf 0 Prozent und hielten die Zinsen für mehrere Jahre auf diesem tiefen Niveau. Wenngleich die US-Notenbank Fed bereits mit ihrer Normalisierungspolitik begonnen hat, hätten es die Zentralbanken seitdem schwer, die Zinssätze zu normalisieren, heißt es in einer Studie der Deutschen Bundesbank.
Im Jahr 2012 kam es in der Eurozone zudem zu einer krisenbedingten Flucht in die Sicherheit: Vor allem in sicheren Ländern wie Deutschland sanken dadurch die Renditen auf sichere Anlagen und die nominalen Renditen von hochliquiden Staatsanleihen rutschten zum ersten Mal in der Geschichte ins Negative.
Festzuhalten ist: Seitdem die Zentralbanken der großen Industrieländer im Zuge der Finanzkrise 2008 und der daran anschließenden weltweiten Rezession ihre Leitzinsen drastisch gesenkt hatten, verharrten die kurzfristigen Zinssätze nahe 0 Prozent. Die Langfristzinsen bewegen sich – risikobereinigt – nur wenig darüber.
Als Folge des Niedrigzinsumfelds und der damit einhergehenden reichlichen Liquidität wurden Vermögensmärkte wie Aktienfonds oder Immobilien beflügelt. Von dieser Entwicklung haben auch Anlageinstrumente wie ETFs profitiert. Nach Erhebungen von Statista hat sich das in ETFs veranlagte Vermögen von 417 Milliarden US-Dollar Anfang 2005 auf ein Volumen von 10,02 Billionen US-Dollar Ende 2021 weltweit erhöht.
Zinsentwicklung seit 1990: Inflationsbereinigte Zinsen sinken in allen Industrieländern
Unstrittig ist, dass die extrem expansive Geldpolitik – im Euroraum wie auch weltweit – als Reaktion auf die Finanz- und Staatsschuldenkrise maßgeblich für das bis dato extreme Niedrigzinsniveau mitverantwortlich ist. Gleichwohl hat die Entwicklung fallender Zinsen schon in den 1980er Jahren, also lange vor der Finanzkrise, eingesetzt.
Diese Entwicklung legt die Vermutung nahe, dass neben der Geldpolitik weitere Faktoren eine Rolle spielen. Laut dem früheren US-amerikanischen Notenbankpräsidenten Ben Bernanke kommen für den Rückgang der Realzinsen drei weitere Aspekte infrage: die von ihm im Jahr 2005 ins Spiel gebrachte Hypothese der globalen Sparschwemme („Global Savings Glut“), die rückläufige Verschuldung der Industrieländer seit der Finanzkrise sowie die gestiegene Nachfrage nach sicheren Anlagen.
Zinsentwicklung: Prognose
Zudem investieren viele Unternehmen seit der Jahrtausendwende nicht mehr klassisch in Maschinen und Gebäude, sondern immer öfter in Daten und Lizenzen. Dafür geben sie weniger Geld aus und sparen mehr, was ebenfalls die Zinsen drückt. Dazu kommt, dass in einigen Ländern die staatlichen Investitionen zurückgehen.
Der wichtigste Grund aus Sicht des IW liegt jedoch im demografischen Wandel. Da die Lebenserwartung in Industrienationen wie Deutschland seit Jahrzehnten steigt, bereiten sich immer mehr Menschen auf ein langes Leben vor und sparen deshalb mehr als die Generationen vor ihnen. Dadurch sinken die Zinsen. Dieser demografische Trend lasse sich auch in den kommenden Jahrzehnten nicht aufhalten, ist sich das IW sicher, und führe dazu, dass die Zinsen auch in absehbarer Zeit nicht nennenswert steigen werden.
Das IW hat in der oben genannten Studie mithilfe von Bevölkerungsprognosen bis zum Jahr 2050 die Zinsentwicklung vorausberechnet. Das Ergebnis: Wenn die EZB aus der expansiven Geldpolitik aussteigt, erhöhen sich die Zinsen bis 2025 gerade einmal auf 1,3 Prozent. Dann bestimmt der demografische Trend wieder die Zinsen – bis zum Jahr 2050 sinkt der Realzinssatz dann auf 0,0 Prozent.
Privateanlegende können mit Indexfonds von steigenden Vermögensmärkten profitieren
Erhielt der deutsche Sparer 2008 auf seinem Sparbuch im Schnitt noch 2,5 Prozent Zinsen, waren es zehn Jahre später nur noch 0,2 Prozent.
Anlageprodukte wie Sparbuch oder Tagesgeld werden auch auf absehbare Zeit keine Renditen abwerfen – und die Inflation vernichtet Vermögen sogar real. Daher stellt sich die Frage: Wie kann ich das gesparte Geld am besten anlegen? Als digitale Vermögensverwaltung sind wir bei Whitebox davon überzeugt: Klassische Geldanlagen sind dafür nicht die richtige Wahl. Die Lösung ist ein ausgewogenes, global diversifiziertes und auf Ihr Rendite-Risiko-Profil zugeschnittenes ETF Portfolio.
Bei Whitebox stellen wir solche Portfolios aus passiven Produkten für verschiedene Risikostufen zusammen und wählen im Rahmen unserer Asset Allocation die aus unserer Sicht am meisten erfolgversprechenden ETFs aus. Dabei kombinieren wir verschiedene Assetklassen wie Aktien oder Anleihen aus unterschiedlichen Sektoren und Regionen, um eine bestmögliche Diversifikation der Portfolios zu erreichen.